Nah am Wasser gebaut: Floating Houses
Schwimmhäuser, mittlerweile auch bei uns zunehmend als Floating Homes oder Floating Houses bezeichnet, sind längst keine Nische mehr für Aussteiger und Einsiedler. Während Behörden – und auch Banken bei Kreditvergaben – dem Trend zu Floating Homes in Deutschland lange Zeit hinterhergehinkt sind, gibt es mittlerweile vielfach klare rechtliche Rahmenbedingungen, die den bislang erforderlichen Genehmigungsmarathon deutlich vereinfachen.
Brachflächen sinnvoll genutzt
Häfen für Containerschiffe und Tanker mit großem Tiefgang bestimmen heute den Warentransport auf See. Für kleinere Küstenanlagen ist in diesem Spiel kein Platz mehr. Gleiches gilt für die Fischerei. Immer mehr Städte und Gemeinden weisen frei werdende Hafengebiete und andere Wasserflächen als Marinas, Ankerplätze für Hausboote oder Bauplätze für Schwimmhäuser aus. Auch Seen in rekultivierten Gebieten von Braunkohlen-Tagebauen eignen sich als Liegeplatzfelder. Schwimmenden Bauten schlagen sogar dem Klimawandel ein Schnippchen. Denn während feste Gebäude am Wasser einem hohen Überschwemmungsrisiko ausgesetzt sind, können Häuser auf Pontons mit dem steigenden Wasser aufschwimmen. Ein Anstieg des Meeresspiegels oder das Ausufern von stehenden und fließenden Gewässern aufgrund zunehmender Starkregen-Ereignisse ist deshalb für sie kein Thema. Baugenehmigungen können sogar in ausgewiesenen Überflutungsgebieten erteilt werden. Eines der Vorzeigeprojekte ist die Berliner Humboldt-Insel, wo seit 2015 in der Nähe des Tegeler Hafens Floating Homes gebaut werden. In Hamburg wurde ein Hausbootkoordinator bestellt, um die Liegeplätze am Eilbekkanal, Viktoriakai, Norderkai und Veringkanal zu verwalten, und im Lausitzer Seenland – ein ehemaliger Tagebau – entstanden schon 2006 erste Schwimmhäuser. In Wien schwimmt seit 1994 ein ganzes Gymnasium inklusive Turnhalle.
Alltagsprobleme durch besondere Haustechnik lösen
Floating Homes haben keinen Bootsrumpf. Damit sind sie klar von Hausbooten abzugrenzen. Während traditionelle Schwimmhäuser in Asien früher in der Regel auf Flößen errichtet wurden, gibt man heute Pontons (Schwimmkörpern) den Vorzug. Wörtlich übersetzt bedeutet das französische Wort Brückenschiff. Sehr bekannt sind beispielsweise die schwimmenden St. Pauli Landungsbrücken in Hamburg. Deren Pontons sind über neun bewegliche Brücken mit dem Festland verbunden. Für Schwimmhäuser besteht zudem die Möglichkeit einer Errichtung auf einer wasserdichten Betonwanne. Sie liegt auch bei starkem Wind und Wellengang ruhig im Wasser, muss aber vor Ort gegossen werden. Ein Gewicht von bis zu 120 Tonnen je nach Hausgröße verhindert einen Transport und ein Einsetzen am Liegeplatz per Kran. Ein Haus auf der Betonwanne darf zudem nicht zu schwer werden und wird deshalb meist in Holzrahmenbauweise errichtet. Wasser und Gas werden durch flexible Leitungen zugeführt, Strom wird bei Neubauten häufig über Solarmodule oder Brennstoffzellen selbst erzeugt. Um die Gewässer zu schützen, sind Ölfeuerungen nicht zugelassen, und auch Kleinkläranlagen, die an Land verwendet werden dürfen, sind bei Schwimmhäusern keine Option. Abwasser wird per Hebeanlage in die Kanalisation gepumpt.
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